Beim gestrigen Corona-Gipfel haben mehrere Bundesländer teils ungewöhnlich deutliche Kritik an der Impfpflicht im Gesundheitswesen geäußert. Am deutlichsten wurde Sachsen: Der Freistaat ließ am Ende des Beschlusspapiers festhalten, er bedaure, dass die Hinweise an die Bundesregierung zur Umsetzung des Gesetzes nicht gehört worden seien. “Die Hilfeersuche der vielen unabhängigen Träger der Einrichtungen im Gesundheits- und Pflegebereich und die Kritik an der Ausgestaltung sind nicht ernst genommen worden”, heißt es in der sächsischen Protokollerklärung.
Auch Landtagsabgeordneter Eric Dietrich steht der Impflicht im Gesundheitswesen sehr kritisch gegenüber. “Viele Pflegerinnen und Pfleger erwarteten von der Politik eine praxistaugliche Lösung bezüglich der einrichtungsbezogenen Impflicht. Es bleibe vordringliche Aufgabe, die Versorgung der Menschen in den Einrichtungen sicherzustellen”, so Dietrich.
Über 300.000 Menschen arbeiten allein im Freistaat im medizinischen und pflegerischen Bereich. Rund 100.000 von ihnen sind nicht gegen Corona geimpft. Diese Zahlen haben schon dazu geführt, dass die sächsische Regierung den Impfpflicht-Leitfaden verschoben hat.
Die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht soll alte und geschwächte Menschen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen, die ein besonders hohes Risiko haben, sehr schwer zu erkranken oder zu sterben. Sie gilt für Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken, aber zum Beispiel auch in Arztpraxen und bei ambulanten Diensten, für Hebammen, Physiotherapeuten und Masseure. Sie alle müssen bis 15. März 2022 nachweisen, dass sie voll geimpft oder kürzlich genesen sind. Nur für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, gilt eine Ausnahme.
Vor allem Sachsen – fürchtet nun massive Engpässe, sollten alle ungeimpften Pflegerinnen und Pfleger ab dem Stichtag nicht mehr zur Arbeit erscheinen. Zudem wird eine Überforderung der Gesundheitsämter befürchtet, die die Einhaltung kontrollieren sollen. Und auch arbeitsrechtlich ist nach Auffassung vieler Kritiker ungeklärt, wie mit den Betroffenen umzugehen sei – ob sie etwa Arbeitslosengeld erhalten oder gekündigt werden.